Nomarussia Bonase ist Aktivistin für Frauenrechte und Gerechtigkeit in Südafrika. Am 3. März 2017 wurde sie in Berlin für ihr Engagement mit dem Anne-Klein-Frauenpreis geehrt. Der Preis wurde zum sechsten Mal verliehen und ist mit 10.000 Euro dotiert.
In der Begründung der Jury heißt es: Nomarussia Bonase setzt sich in Südafrika für Gerechtigkeit für die Opfer und Überlebenden des Apartheidregimes ein. Sie tut das auch und besonders für Frauen, die nicht von der Wahrheits- und Versöhnungskommission (1996 – 1998) gehört wurden und denen Gerechtigkeit und Reparation zustehen sollten. Nomarussia Bonase ist National Coordinator bei „Khulumani“. „Khulumani“ bedeutet „laut sprechen, aussprechen, das Wort ergreifen“.
Der Organisation gehören 104.000 Apartheidopfer/-überlebende an. Die Lokalgruppen sind sehr gut vernetzt. Hier bestärken sich vor allem Frauen gegenseitig, gemeinsam für die politische Anerkennung des verübten Unrechts an Frauen zu kämpfen. Sie fordern zum Beispiel anzuerkennen, dass sexuelle Gewalt bewusst als Waffe eingesetzt wurde. Sie bieten konkrete Beratungen bei Gesundheitsproblemen und bei rechtlichen Fragen. Sie ermutigen Frauen, den Versöhnungsprozess aus frauenpolitischer Perspektive kritisch zu hinterfragen und sich nicht in die Rolle der passiven Opfer oder der Bittstellerinnen drängen zu lassen.
Nomarussia Bonase wurde 1966 im Südafrika der Apartheid geboren. Hochschwanger wurde ihre Mutter bei einer Razzia mehrfach vergewaltigt. Ihr Vater fand seine Frau frühmorgens und konnte jemanden überreden, sie in das nahegelegene Baragwanath Hospital zu fahren. Bonase kam zur Welt, zu früh, aber gesund. „Dies war meine erste Lektion in Überleben“, resümiert Bonase.
Ihre Eltern tauften sie „Nomarussia“, ein Frauenname, der unter den Anitapartheidaktivist*innen weit verbreitet war und synonym für ‚Ende der Unterdrückung‘ stand. Schon im Schulalter stellte sie erste kritische Fragen. In der High School begann sie, sich politisch zu engagieren. Ihren Wunsch zu studieren konnte sie aus materiellen Gründen nicht realisieren, fand stattdessen eine Anstellung bei einem Transportunternehmen. Gewerkschaftlich aktiv wurde sie als erste Frau im Unternehmen zur Vertrauensperson ernannt.
1993 wurde ihr Bruder Opfer der Gewaltexzesse in den Johannesburger Bergarbeitersiedlungen. Als eine von zahllosen Südafrikanerinnen, die ein Familienmitglied in den letzten Jahren des Apartheidregimes verloren hatte, verband Bonase vage Hoffnung mit der Einrichtung der Wahrheits- und Versöhnungskommission (Truth and Reconciliation Commission, kurz TRC), die 1996 ihre Arbeit aufnahm. Als sich ihre Hoffnungen jedoch nicht erfüllten, schloss sie sich der von Frauen gegründeten Khulumani Support Group an.
„Die TRC ließ Frauen links liegen, denn Vergewaltigung wurde in keiner Weise berücksichtigt“, erklärt Bonase. Sexuelle Gewalt gehörte nicht zu den Aspekten, die von der Kommission untersucht wurden. „Darüber wurde geschwiegen. Frauen galten als Personen, die um ihre Männer und Söhne weinen sollten. Die Tatsache, dass sie und ihre Töchter selbst Opfer waren, wurde ausgeblendet.“
Als nationale Organisatorin von Khulumani setzte sich Bonase für eine angemessene finanzielle Entschädigung, eine nachhaltige Unterstützung der Opfer sowie ein angemessenes symbolisches Gedenken an das Leid der Apartheid ein. Ihr Engagement geht aber weit darüber hinaus. Als 2012 34 streikende Bergleute der Marikana-Mine erschossen wurden, stand sie den Witwen in den anstehenden Gerichtsverfahren beratend und stärkend zur Seite, veranlasste Workshops und Kunsttherapie-Sitzungen zur Traumabewältigung.
Marjorie Jobson, Bonases Kollegin bei Khulumani, unternimmt den Versuch einer Beschreibung: „Nomarussia ist ein Mensch mit einem tiefen Sinn für Gerechtigkeit und der Überzeugung, dass der Kampf um Gerechtigkeit schließlich Früchte tragen wird. Eine Frau, die Möglichkeiten für eine gleichberechtigte Zukunft aufzeigt, die Männer dazu inspiriert, sich zu engagieren und eine Welt zu schaffen, die sicher für Männer und Frauen und junge Leute ist. Eine Frau, die mit einer solchen Intensität zuhört, dass sie die Fähigkeit der Menschen, ihre Stimmen zu finden, mobilisiert.“