Ausgehend von der Studie von Bernhardt/Hipp/Allmendinger über die betriebliche Förderung einer partnerschaftlichen Arbeitsteilung haben wir für Sie einen kleinen Selbsttest entworfen. Die Autorinnen haben die von ihnen untersuchten Organisationen nach der Intensität, mit der sie eine partnerschaftliche Arbeitsteilung unterstützen, in fünf Typen klassifiziert. Unser Selbsttest mit seinen zwölf Fragen gibt Ihnen Aufschluss, in welche Kategorie sich Ihre Organisation vermutlich einordnet. Der Test eignet sich sowohl für Unternehmen als auch für Hochschulen.
Organisation mit progressiv-universalistischer Vereinbarkeitsförderung
Organisationen mit einer progressiv-universalistischen Vereinbarkeitsförderung sind all jene Betriebe und Hochschulen, die sich durch eine starke Familienorientierung und große Chancengleichheit von Frauen und Männern hinsichtlich betrieblicher Aufstiegsmöglichkeiten auszeichnen und in denen für Führungskräfte und Väter ausgeprägte Teilzeitmöglichkeiten bestehen. In diesen Betrieben beobachteten die Autor*innen Bernhardt/Hipp/Allmendinger, dass Väter häufiger ihre Arbeitszeit reduzieren und Frauen seltener in eine tradierte Rollenverteilung und Teilzeitarbeit gedrängt werden. Teilzeit ist in diesen Organisationen nicht länger mit Stigmatisierung und eingeschränkten Karrieremöglichkeiten verbunden.
Sollten Sie als Organisation mehr noch auf Förderung einer partnerschaftlichen Arbeitsteilung in Beruf und Familie abzielen wollen, sollten Sie Ihren eingeschlagenen Weg konsequent fortsetzen und die aktuellen Entwicklungen im Blick behalten.
Organisation mit modernisiert-ambivalenter Vereinbarkeitsförderung
Laut Bernhardt/Hipp/Allmendinger zeichnen sich Organisationen mit einer modernisiert-ambivalenten Vereinbarkeitsförderung durch eine überdurchschnittliche Familienorientierung, ein hohes betriebliches Engagement für familienfreundliche Angebote, formalisierte, allgemein gültige Regelungen und überdurchschnittliche gute Unterstützung der Vereinbarkeit durch die direkten Führungskräfte aus. Teilzeitangebote gibt es in diesen Organisationen zwar auch für Väter und Führungskräfte. Allerdings sind es nach wie vor die Mütter, die in Teilzeit arbeiten und die auf Grund dessen, dass Vollzeit im Betrieb vielfach Vollzeit Plus bedeutet, eine Vollzeittätigkeit gar nicht in Betracht ziehen können. Väter und Führungskräfte befürchten ihrerseits nicht selten Karriere- und Entwicklungseinbußen, wenn sie ihre Arbeitszeit reduzieren. Führung erscheint vielfach nur in Vollzeitbeschäftigung überhaupt möglich.
Sollten Sie als Organisation mehr noch auf Förderung einer partnerschaftlichen Arbeitsteilung in Beruf und Familie abzielen wollen, könnte es sich für Sie lohnen, den Stellenwert von Vollzeit resp. Vollzeit Plus in Ihrer Organisation und die Attraktivität von Teilzeit kritisch zu reflektieren und das Thema Teilzeit für Führungskräfte stärker in den Fokus zu rücken.
Organisation mit egalitär-vollzeitorientierter Vereinbarkeitsförderung
In Organisationen mit egalitär-vollzeitorientierter Vereinbarkeitsförderung erfolgt die Unterstützung von Beschäftigten mit Familie nicht auf Basis allgemein gültiger Regelungen, sondern individualisiert durch die jeweilige Führungskraft. Die Lösung von Vereinbarkeitsproblemen wird im Wesentlichen als Privatsache der Eltern angesehen. Teilzeit ist sowohl bei Männern als auch bei Frauen gering. Gleiches gilt für die Führungskräfte. Insgesamt spielt aber das Thema der Chancengleichheit in der Organisation eine große Rolle.
Sollten Sie als Organisation mehr noch auf Förderung einer partnerschaftlichen Arbeitsteilung in Beruf und Familie abzielen wollen, könnte es sich für Sie lohnen, die Chancengleichheitsbemühungen stärker um den Fokus eines systematischen familienbewussten Personalmanagements zu ergänzen und familienfreundliche Maßnahmen, die bereits gelebt werden, auf eine formale Grundlage zu stellen.
Organisation mit traditionell-mütterorientierter Vereinbarkeitsförderung
Laut Bernhardt/Hipp/Allmendinger sind Organisationen mit traditionell-mütterorientierter Vereinbarkeitsförderung daran zu erkennen, dass sie vor allem geschlechterspezifische Vereinbarkeitslösungen unterstützen, etwa indem sie Teilzeit vor allem Frauen anbieten und die Verantwortung für die Kinderbetreuung vor allem bei den Müttern verorten. Familienfreundlichkeit wird vor allem als Unterstützung von Müttern mit Klein- und Grundschulkindern verstanden und kommuniziert. Frauen und Männer finden in diesen Organisationen ungleiche Aufstiegschancen vor. Teilzeit erweist sich vielfach als Entwicklungs- und Karrierehindernis. In der Regel nimmt der Anteil von Frauen in Führungspositionen mit jeder Hierarchieebene überproportional ab.
Sollten Sie als Organisation mehr noch auf Förderung einer partnerschaftlichen Arbeitsteilung in Beruf und Familie abzielen wollen, könnte es sich für Sie lohnen, das grundsätzliche Familienverständnis zu überdenken und die familienfreundlichen Maßnahmen auch an Väter zu adressieren und den Fokus über die frühe Familienphase hinaus zu erweitern.
Organisation mit einem „Beruf vor Privat“-Verständnis und geringer proaktiver Vereinbarkeitsförderung
Organisationen mit einem „Beruf vor Privat“-Verständnis engagieren sich nur eingeschränkt um familienfreundliche Rahmenbedingungen und die Einstellung, dass Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht oder nur eingeschränkt in den betrieblichen Verantwortungsbereich fällt, ist vorherrschend. Die organisationalen Geschlechterrollenbilder erscheinen noch traditionell. Familie und Hausarbeit werden verstärkt in einen weiblichen Zuständigkeitsbereich eingeordnet, berufliche Verantwortung in einen männlichen. Teilzeit für Väter und Führungskräfte stellt die Ausnahme dar. Darüber hinaus mindert Teilzeit die Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten.
Sollten Sie als Organisation mehr noch auf Förderung einer partnerschaftlichen Arbeitsteilung in Beruf und Familie abzielen wollen, könnte es sich für Sie lohnen, familienbewusstes Personalmanagement auch unter dem Fokus der Arbeitgeberattraktivität zu betrachten und mit Einführung flexibler Arbeitsmodelle zu starten.
Quelle: Bernhardt, Hipp, Allmendinger: Warum nicht fifty-fifty? Betriebliche Rahmenbedingungen der Aufteilung von Erwerbs- und Fürsorgearbeit in Paarfamilien, Discussion Paper, SP I 2016–501, Oktober 2016, WZB Bibliothek, https://bibliothek.wzb.eu/pdf/2016/i16-501.pdf