Welche Faktoren über die Aufteilung der Erwerb- und Familienarbeit zwischen Müttern und Vätern entscheiden, untersuchte bereits 2015 das Institut für Demoskopie Allensbach. Die Studie ergab eine Reihe für Arbeitgeber*innen und Hochschulen relevante Befunde.
Partielle Spezialisierung der Elternteile nach der Geburt eines Kindes liegt im Trend der Zeit
Nach wie vor verändert die Geburt eines Kindes die Erwerbskonstellationen in Paarbeziehungen in erheblichem Umfang. In vielen Familien reduzieren die Mütter ihre Berufstätigkeit oder scheiden ganz aus dem Beruf aus. Der überwiegende Teil der Väter bleibt Vollzeit erwerbstätig. Die Dominanz der Vollzeit-/Vollzeit-Konstellationen, die 71 Prozent der Elternpaare vor der Familiengründung lebten, verliert sich nach der Geburt des ersten Kindes. In lediglich 15 Prozent der Fälle bleiben beide Elternteile Vollzeit erwerbstätig.
An die Stelle der Vollzeit-/Vollzeit-Kombination treten Konstellationen, die Vollzeiterwerb des Vaters mit Teilzeiterwerb der Mutter verbinden. Untenstehende Grafik verdeutlicht die Veränderung des partnerschaftlichen Erwerbsverhaltens mit Familiengründung. Die Forschung spricht in diesem Zusammenhang von einer partiellen Spezialisierung der Elternteile nach einer Familiengründung. Das überlieferte Modell der Arbeitsteilung zwischen männlichem Ernährer und weiblicher Hausfrau hat sich nachhaltig modernisiert, jedoch in seinen Grundfesten noch nicht aufgelöst. So bleiben die Väter eher für die Erwerbstätigkeit, die Mütter eher für Kinderbetreuung und Familienarbeit zuständig. Je höher der Teilzeitumfang der Mütter ausfällt, umso stärker erodiert die klassische Arbeitsteilung.
Hinsichtlich des Teilzeitumfangs von Müttern sind keine klaren Trends erkennbar
Modelle und Umfang der Arbeitszeitreduzierung, die Mütter nach der Geburt des ersten Kindes wählen und in den ersten Lebensjahren der Kinder beibehalten, variieren stark. Dies visualisiert untenstehende Grafik. Mit 25 Prozent am häufigsten gewählt werden Muster, in denen die Väter Vollzeit, die Mütter zwischen 15 und 24 Stunden erwerbstätig sind. Die Kombinationen aus Vollzeit/Vollzeit, Vollzeit/vollzeitnahe Teilzeit, Vollzeit/stundenweise Teilzeit und Vollzeit/Ausstieg aus der Erwerbstätigkeit sind etwa gleich stark ausgeprägt. Varianten, in denen Väter in Teilzeit arbeiten, sind deutlich seltener.
Erwerbskonstelationen vor (links) und nach (rechts) der Geburt des ersten Kindes
Abb.: Erwerbskonstellationen vor und nach der Geburt des Kindes in Paarfamilien mit mindestens einem Kind unter sechs Jahren in Prozent, ifd Sample 2014 (Quelle: Weichenstellungen, S. 6 ff.)
Voller Erwerbsausstieg der Mütter zu Gunsten der Familie verliert an Bedeutung
Allerdings unterstreicht die Studie den nachhaltigen Bedeutungsverlust von Konstellationen, in denen Mütter zu Gunsten der Familie dauerhaft aus dem Erwerb aussteigen. Zwischen 2005 und 2015 ist der Anteil der Mütter in Paarbeziehungen und mit Kindern unter sechs Jahren, die erwerbstätig waren, von 51 auf 59 Prozent angestiegen. Gleichzeitig verringerte sich der Anteil der in Paarhaushalten lebenden Mütter, die einer stundenweisen Beschäftigung nachgingen oder ganz aus dem Erwerb ausstiegen.
Die Interviews haben ergeben, dass der Großteil der Mütter vor der Familienbildung vorwiegend gute Berufserfahrungen gemacht hat. Auch war eine hohe Berufsorientierung auf Seiten der Mütter festzustellen. Grundsätzlich hat die Möglichkeit, in Teilzeit zu arbeiten, der wachsenden Erwerbsbeteiligung der Mütter zugearbeitet und die Dauer der Elternzeit deutlich verkürzt. Die Erwerbsbeteiligung der Väter in Vollzeit hat sie jedoch unverändert belassen. Von den Vätern arbeiteten sowohl vor als auch nach der Geburt des Kindes rund 90 Prozent in Vollzeit.
Gewünschte und gelebte Arbeitsteilung gehen auseinander
Die Studie bestätigt erneut die Diskrepanz zwischen gewünschter und gewählter Arbeitsteilung. Fast ein Drittel der interviewten Paare wünschte sich Erwerbsmodelle mit kürzeren Arbeitszeiten für die Väter. Aber nur jeder zwanzigste Vater hatte seine Arbeitszeit nach der Geburt des Kindes reduziert. Mehr noch als die Väter urteilen die Mütter deshalb, dass eine wirkliche Gleichstellung der Frauen noch lange nicht erreicht ist. Trotz der bestehenden Wünsche nach einer egalitäreren Aufgabenteilung, ergaben die Interviews aber eine grundsätzlich hohe Zufriedenheit mit den gefundenen Arrangements.
Die familiär begründeten Erwerbskonstellationen bleiben jahrelang bestehen
Die Weichenstellungen zur Erwerbsbeteiligung der Eltern nach der Familiengründung erweisen sich für viele berufs- und lebensprägend. Die beruflichen Einschränkungen der Mütter wirken lange nach. Zum einen entscheiden sich die meisten Paare nach der Geburt eines weiteren Kindes wieder für die bereits gewählte Erwerbskonstellation. Zum anderen bleiben deutlich mehr als 50 Prozent der Mütter mittel- bis langfristig in Teilzeitverhältnissen beschäftigt.
Trend zur partiellen Spezialisierung der Elternteile ist multikausal begründet
In der Regel liegen den getroffenen Modellen der Arbeitsteilung länger laufende Abwägungsprozesse zu Grunde. Meist ist jedoch bereits vor der Geburt die spätere Aufteilung der Erwerbs- und Familienarbeit zwischen den Elternteilen definiert. In den meisten Fällen bleibt die volle Erwerbsbeteiligung der Väter unangefragt. Heute wird vor allem diskutiert, wie lange Mütter und Väter in Elternzeit gehen und in welchem Umfang die Mütter nach der Geburt wieder in den Erwerb einsteigen. Art und Umfang der partnerschaftlichen Arbeitsteilung ist multikausal begründet. Gleichwohl lassen sich einige zentrale Einflussfaktoren identifizieren. Die Erwerbsbeteiligung der Mütter nach der Geburt eines Kindes ist umso größer, die Arbeitsteilung umso egalitärer,
- Je mehr Eltern den Leitbildern der Erwerbsbeteiligung beider Elternteile und einer egalitären Aufgabenverteilung zustimmen
- Je eher sich Eltern auf die institutionalisierte Betreuung ihrer Kinder einlassen können
- Je stärker Eltern Partnerschaftlichkeit praktizieren und je eher Väter die berufliche Entwicklung bzw. die Karriereambitionen ihrer Partnerinnen etwa über die Betreuung der Kinder und die Beteiligung an der Familienarbeit unterstützen
- Je höher der Bildungsabschluss und die Karriereorientierung der Mütter sind
- Je besser die Berufserfahrungen und je höher die Berufsorientierung der Mütter sind
- Je mehr Verantwortung Mütter im Beruf hatten
- Je mehr Mütter verdienen und je geringer die Einkommensunterschiede zwischen den Eltern sind
- Je vertretbarer Einkommensverluste durch die Inanspruchnahme von Elternzeiten durch die Väter für das Familieneinkommen sind
- Je sicherer die Arbeitsplätze sind
- Je geringer die Furcht vor Nachteilen im Beruf bei Inanspruchnahme von Elternzeiten oder Arbeitszeitreduzierungen auf Seiten der Väter ist
- Je besser die Vertretung der Väter in Phasen der Elternzeit organisiert werden kann
- Je eher Väter und Mütter betrieblicherseits bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie unterstützt werden
- Je besser die Möglichkeiten sind, sich die Arbeit relativ flexibel einzuteilen und so im Wechselspiel mit dem anderen Elternteil sowohl den Anforderungen der Arbeit als auch den Bedürfnissen der Familie gerecht zu werden
- Je bedarfsgerechter die Betreuungsinfrastruktur ist
Allerdings wirken sich all diese Faktoren vor allem auf die Erwerbsbeteiligung von Müttern aus und zwar sowohl auf den Erwerbsumfang als auch auf Dauer ihrer Elternzeit. Die Vollzeitbeschäftigung der Väter variiert ungleich weniger. Dies trifft selbst dann zu, wenn die Mütter vor der Geburt das höhere Einkommen erzielt haben. Bei den Vätern wirken sich diese Faktoren vor allem dahingehend aus, ob sie Elternzeiten nutzen oder nicht.
Studie wertet 3100 Interviews mit Eltern in Paarbeziehung aus
Die Studie basiert auf einer repräsentativen Befragung von Müttern und Vätern, die als Paare zusammenleben und deren jüngstes Kind jünger als sechs Jahre alt ist. Ausgewertet wurden rund 3100 Interviews mit Eltern aus rund 2000 Familien aus dem Jahr 2014.
Institut für Demoskopie Allensbach (2015): Weichenstellungen für die Aufgabenteilung in Familie und Beruf. Untersuchungsbericht zu einer repräsentativen Befragung von Elternpaaren im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
http://www.ifd-allensbach.de/uploads/tx_studies/Weichenstellungen.pdf