Die Pandemie dämpft aktuell den Zuzug aus dem Ausland und lässt ein Thema wie jenes des Familiennachzugs und der Integration in den deutschen Arbeitsmarkt in den Hintergrund rücken. Doch die Herausforderungen bleiben bestehen.
So ist noch viel zu tun, um gerade Frauen, die im Rahmen des Familiennachzugs nach Deutschland kommen, berufliche Teilhabe zu eröffnen und ihr Potential auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu nutzen und zu fördern. Betriebe und Politik sind gleichermaßen gefordert.
Frauen machen 72 Prozent der Nachreisenden aus. Obwohl sie überwiegend gut gebildet, im erwerbsfähigen Alter und motiviert sind, die Sprache zu lernen, sehen sie sich in ihrem Wunsch nach beruflicher Teilhabe und Selbstverwirklichung oft mit großen Hürden konfrontiert. Nicht wenige haben auch mit hier überlieferten Vorstellungen hinsichtlich Geschlechterrollen und geschlechtsspezifischer Aufgabenteilung zu tun! Selten werden die nachreisenden Frauen mit ihren je eigenen Bedarfen und Potenzialen adressiert, stattdessen oft nur als „im Schatten des Mannes stehend“ betrachtet.
All dies beleuchtet der aktuelle Monitor Familienforschung des BMFSFJ. Juliane Seifert, Staatssekretärin im Ministerium fordert in ihrer Conclusio, die Familien von neu einreisenden Arbeits- und Fachkräften in den deutschen Regelangeboten künftig anders mitzudenken, sei es bei der Erstorientierung in Deutschland, bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, bei der Förderung der Erwerbstätigkeit.
Um Frauen den Weg in den Arbeitsmarkt zu eröffnen, müssten zum einen verstärkt Ressourcen und Potentiale, die die Frauen mitbringen, einzelfallbezogen herausgearbeitet, weiterentwickelt und genutzt werden. Zum anderen braucht es angepasste Abläufe, die helfen, bestehende Schwierigkeiten abzubauen und den Weg von der Ankunft in Deutschland bis zum erfolgreichen Berufseinstieg zu erleichtern.
Der Familienmonitor schlägt hierzu ein Fünfschritte-Programm vor. Arbeitgeber*innen können hier in vielerlei Hinsicht unterstützen.
- Information vor der Einreise
Nachreisenden soll schon vor ihrer Ankunft die Möglichkeit geschaffen werden, sich über Erwartungen auszutauschen und im Herkunftsland erste vorintegrative Kurse zu besuchen, die zum Beispiel grundlegende Sprachkenntnisse vermitteln. Das Goethe – Institut weist in einer jüngst erschienen Studie auf großen Bedarf und Erfolg der Kurse hin.
- Beratung nach der Ankunft
Einwohnermeldeämter und Ausländer*innenbehörden haben eine wichtige Lotsen- und Hinweisfunktion in der Ankunftsphase. Ausschlaggebend für eine gute Beratung sind hier die Bereitschaft, individuelle Situationen nachzuvollziehen und eine breite Vernetzung, sodass an ein passendes Informationsangebot weiterverwiesen werden kann.
- Kompetenzen feststellen und anerkennen
Um ergebnisoffen beraten zu können, müssen bestehende Bilder der Rollen- und Berufszuschreibung überarbeitet werden. So können aufbauend auf teils geschlechtssensibler Kompetenzfeststellung und der gesellschaftlichen Position vor der Migration, produktive Beratungen geschaffen werden.
- Förderketten etablieren
Vorhandene Angebote müssen bekannt und zugänglich gemacht werden. Es bietet sich an, Informationen zu verschiedenen Bereichen der Integration und Berufsfindung aus einer Hand anzubieten und Teilzeitoptionen zu schaffen. Familiäre Situationen und individuelle Bedarfe müssen mitgedacht werden, um Ketten zu etablieren, die auf Einzelpersonen reagieren und ihnen helfen können.
- Partnerschaftliche Beratung
Gerade nachreisende Partnerinnen haben bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine Vielzahl von Herausforderungen zu meistern. So kann zum Beispiel das Suchen nach einem Kitaplatz eine große Hürde darstellen. Durch die nicht synchrone Migration werden Hierarchien – der Mann als Ernährer und die Frau im Haushalt – oft verstärkt und müssen durch gezielte Beratung abgebaut werden.
Um langfristig die Gruppe der Nachreisenden zu unterstützen und sie sicher in den Beruf zu führen, braucht es viel Arbeit und produktive Beratungsangebote, die teilweise schon existieren und zum Teil noch geschaffen werden. Für weitere Informationen und Anregungen lesen Sie den Bericht des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Hier finden sich auch hilfreiche Links zu allen fünf Schritten.
Monitor Familienforschung Nr. 42 / Fachkräfte im Inland gewinnen – Erwerbspotenziale aus dem Familiennachzug