Familienfreundlichkeit an Berliner Hochschulen

Anhörung im Berliner Abgeordnetenhaus

Als Expertin für die familiengerechte Hochschule zur Anhörung im Berliner Abgehordnetenhaus. Foto: privat.

Am 7. April war ich in Vertretung der berufundfamilie Service GmbH zur Anhörung des Berliner Abgeordnetenhauses eingeladen, um als Fachexpertin zur Vereinbarkeit von Studium, Beruf und Familie an Hochschulen Stellung zu nehmen. Grundlage waren meine Erfahrungen als Auditorin im audit „familiengerechte Hochschule“, insbesondere aus der Zusammenarbeit mit Berliner Hochschulen, die sich engagiert auf den Weg gemacht haben, familienfreundliche Strukturen zu etablieren.

Das Fazit vorweg: Vieles ist erreicht, vieles bleibt zu tun.

Längst hat sich an den Hochschulen etabliert:

  • Strategischer Ansatz: Familienfreundlichkeit wird als Organisationsentwicklungsprozess befördert und gezielt genutzt – zur Personalbindung, Studienerfolgsförderung und Qualitätssicherung.
  • Alle Statusgruppen im Blick: Maßnahmen richten sich an Studierende, wissenschaftliches und wissenschaftsunterstützendes Personal – und das unabhägnig vom Geschlecht.
  • Weites Familienverständnis: Vereinbarkeit meint nicht nur Kinderbetreuung, sondern auch Pflegeverantwortung – insbesondere informelle Sorgearbeit.

Was schon erreicht ist – einige Highlights:

  • Hochwertige Flexibilisierung: Hochschulen bieten flexible Arbeitszeitmodelle, Homeoffice, hybride Lehre, individuell gestaltbare Studienverläufe, Nachteilsausgleiche für Studierende mit Familie, alternative Leistungserbringung.
  • Wissenschaftlicher Nachwuchs: Es gibt zahlreiche Bemühungen um mehr Planungssicherheit, langfristigere Verträge, Betreuungsvereinbarungen, Karriereberatung, Nachteilsausgleiche in Berufungsverfahren.
  • Familienbüros:  Sie sind unverzichtbar als Anlaufstellen, zur Koordination der Maßnahmen und Qualitätssicherung.
  • Service-Angebote: Es gibt zahlreiche Angebote zur Unterstützung bei der Kinderbetreuung und Angehörigenpflege.

Diese Maßnahmen greifen – aber nur dann, wenn sie in eine tragfähige, familienfreundliche Organisationskultur eingebettet sind. In meinem Redebeitrag habe ich auf zentrale Handlungsfelder hingewiesen, die sich aus der Auditpraxis ableiten lassen:

Was zu tun bleibt:

  • Organisationsentwicklung statt Einzelmaßnahmen: Familienfreundlichkeit mus in Strukturen, Führungskultur und Steuerung eingebettet und mit Ressourcen hinterlegt sein. Nur dann entfalten Maßnahmen wie flexible Arbeitszeiten, Nachteilsausgleiche oder hybride Lehre ihre Wirkung.
  • Karriereförderung und Bestenauswahl neu denken: Wissenschaftliche Karrieren sind zu oft von Unsicherheit, Mobilitätsdruck und Output-Logiken geprägt. Was fehlt, sind Sicherheit und die Möglichkeit der Potentialorientierung und kontextbezogenen Leistungsbewertung.
  • Führung als Wissenschaftscoaching verstehen: Familienbewusste Führung im Wissenschaftskontext ist kein Automatismus – sie muss gelernt, reflektiert und institutionell gefördert werden, z. B. durch Coachingformate oder Leitlinien in Berufungsverfahren.
  • Durchdringung sichern: Die Autonomie der Hochschulen erschwert die Standardisierung familienfreundlicher Führungs- und Lehrkulturen. Auch hier braucht es verbindlichere Regelungen und Verfahren.
  • Haushaltslage gefährdet Standards: Familienfreundlichkeit darf trotz Kürzungen nicht zur Disposition stehen.

Impulse aus der Anhörung: Senatorin Ina Czyborra betonte:

  • Vereinbarkeit ist gesamtgesellschaftlich relevant – mangelnde Umsetzbarkeit bedeutet Potenzialverlust.
  • Gleichstellung und Vereinbarkeit bleiben auch in Zukunft und auch in den Verhandlungen zum neuen Berliner Hochschulgesetz „nicht verhandelbar“ – unabhängig von Haushaltslage.
  • Berufungsverfahren sollen künftig verstärkt Gleichstellungs- und Vereinbarkeitsaspekte berücksichtigen.
  • Notwendig sei ein Kulturwandel – hin zu neuen Maßstäben von Exzellenz, die soziale Realitäten ernst nehmen.

Mein Fazit:

✅ Familienfreundlichkeit ist kein „Add-on“, sondern Fundament für wissenschaftliche Qualität und Zukunftsfähigkeit.
✅ Strukturelle Audits, wie das audit familiengrechte hochschule institutionalisieren Prozesse der Organisationsentwicklung und setzen dort an, wo Veränderung dauerhaft wirken kann.
✅ Wissenschaft braucht neue Maßstäbe – weg von reiner Outputlogik, hin zu Potenzialorientierung.
✅ Hochschulen benötigen gesetzgeberische Unterstützung und klare Ressourcen.
✅ Der Austausch zwischen Praxis, Politik und Steuerung ist essenziell – die Anhörung war dafür ein wertvoller Raum.

Der Austausch hat deutlich gemacht: Wissenschaftliche Exzellenz und Familienfreundlichkeit schließen sich nicht aus – sie bedingen einander.

Mein Dank:

Mein herzlicher Dank gilt den Abgeordneten, der Senatorin für ihre klaren Worte und meinen Mit-Expertinnen für ihre klugen Beiträge.

Zudem geht der Dank an die Akteur*innen der Familienbüros und Präsidien der Berliner Universitäten – für das Vertrauen, die vielen konstruktiven Prozesse und das gemeinsame Engagement für mehr Familienfreundlichkeit im Wissenschaftssystem.

🎓 Freie Universität Berlin
🎓 Humboldt-Universität zu Berlin
🎓 Technische Universität Berlin
🎓 Charité Universitätsmedizin zu Berlin

Hier geht´s zum Live-Stream der Anhörung: 👉

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