Aus der Forschung: Führungskräfte im Spannungsfeld von Beruf und Familie

Eine repräsentative Befragung unter Führungskräften zeigt, dass es für Männer und Frauen in unterschiedlichem Maße schwierig ist, ein erfolgreiches Zusammenspiel von Beruf und Familie zu realisieren. Das Vorhandensein von Kindern reduziert die Wahrscheinlichkeit bei Frauen erheblich, in eine Führungsposition zu gelangen. Welche Ursachen und zentralen Einflussfaktoren behindern die Vereinbarkeit bei Führungskräften? Zu den zentralen Faktoren gehören die betrieblichen Anforderungen und die Verdichtung von Arbeit. Führung wird zusehends ganzheitlicher zugeschnitten. Dazu kommt, dass leitende Angestellte  nicht nur in Vollzeit arbeiten, sondern zum Teil weit darüber hinaus. Leitende Angestellte müssen erreichbar sein und für anfallende Aufgaben auch außerplanmäßig zur Verfügung stehen.

Zeitliche und räumliche Verfügbarkeit sowie hohe Arbeitsintensität mit langen Arbeitszeiten stehen im Widerspruch zu familiären Anforderungen. Arbeitgeber und Familien konkurrieren in immer stärkerem Maße um die Energie- und Zeitressourcen von Mitarbeiter/innen, speziell von Führungskräften. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist besonders schwierig, wenn Leistungen vor allem an Kategorien wie Einsatzbereitschaft und zeitlich flexiblem Engagement gemessen werden. Ein Ergebnis der Forschung ist, dass familienfreundliche Angebote noch keine Garantie sind für eine familienfreundliche Unternehmenskultur. Nicht selten konterkarieren informelle, häufig unbewusst wirkende Normen und Vorstellungen familienfreundliche Angebote. Nach wie vor befürchten Mitarbeiter/innen beispielsweise, dass familienbedingte Freistellungen beziehungsweise Arbeitsreduktion sich ungünstig auf ihre Karrierechancen auswirken. Familienfreundlichkeit ist zwar auf dem Vormarsch, dennoch dominieren in einem Großteil der Unternehmen klassische Rollenvorstellungen. Das heißt, Führungskonzepte schließen Vorstellungen über Lebensentwürfe und Lebensführung der Führungskräfte mit ein. In der Regel wird heute nach wie vor unbewusst mitgedacht, dass Führungskräfte Partner/innen haben, die die familiären Anforderungen an Zeit und Organisation abfedern.

Im Kern geht es beim erfolgreichen Zusammenspiel  von Beruf und Familie für Führungskräfte betrieblicherseits also zusehends darum, ein Gleichgewicht zwischen konkreten Arbeits- und Leistungsanforderungen, normativen Vorstellungen über die Lebensformen von Führungskräften und innerfamiliärer Arbeitsteilung zu finden. Wenn Modelle der innerfamiliären Arbeitsteilung mit den beruflichen Anforderungen übereinstimmen, sind die Herausforderungen in der Vereinbarkeit von Beruf und Familie auch für die Führungskräfte in der Regel gut zu bewältigen. Entscheidender Konfliktpunkt ist, dass der größte Anteil junger Menschen ein Modell der gleichberechtigten Partnerschaft gegenüber tradierten Rollenmustern vorzieht. Dazu gehört, dass beide Partner erwerbstätig sind, und sich die Verantwortung für die Kindererziehung teilen.

Beispiele für Empfehlungen aus der Forschung:

  • Explizite und implizite Führungsnormen und Maßstäbe der Leistungsbeurteilung reflektieren und diskutierbar machen
  • Explizite und implizite Vorstellungen von Familien und innerfamiliärer Arbeitsteilung reflektieren und diskutierbar machen
  • Arbeitsbelastungen abbauen und Abschied von Arbeitszeitmodellen des Typs Vollzeit + nehmen
  • Eine verlässliche, qualitativ hochwertige Kinderbetreuung gewährleisten
  • Beratung, Mentoring anbieten

Das Kompetenzbüro für Familie, Demografie und Weiterbildung informiert ausführlich über Forschungsergebnisse und Möglichkeiten der Umsetzung speziell zum Thema Führungskräfte im Spannungsfeld von Familie und Beruf. Bei Interesse sprechen Sie uns jederzeit an.

Weiterführende Literatur

  • Auth, Diana/Buchholz, Eva/Janczyk, Stefanie (2010) (Hrsg.): Selektive Emanzipation. Analysen zur Gleichstellungs- und Familienpolitik. Opladen und Farmington/Hills.
  • Baer, Susanne/Englert, Dietrich (2006) (Hrsg.): Gender Mainstreaming in der Personalentwicklung. Diskriminierungsfreie Leistungsbewertung im öffentlichen Dienst. Bielefeld.
  • Baer, Susanne, Lepperhoff, Julia (2007) (Hrsg.): Gleichberechtigte Familien? Wissenschaftliche Diagnosen und politische Perspektiven. Bielefeld.
  • Bertram, Hans/Röler, W./Ehlert, Nancy (2005): Nachhaltige Familienpolitik. Zukunftssicherung im Dreiklang von Zeitpolitik, finanzieller Transferpolitik und Infrastrukturpolitik. Berlin.
  • BMFSJ (2008): Führungskräfte und Familie. Wie Unternehmen Work-Life-Balance fördern können. Ein Leitfaden für die Praxis. Baden-Baden.
  • BMFSJ (2009): Einstellungen und Lebensbedingungen von Familien. Berlin.
  • BMFSJ (2010): Beruflicher Wiedereinstieg nach der Familiengründung. Bedürfnisse, Erfahrungen, Barrieren. Berlin.
  • BMFSJ (2010): Frauen in Führungspositionen. Barrieren und Brücken. Heidelberg.
  • BMFSJ (2010): Perspektive Wiedereinstieg. Ziele, Motive und Erfahrungen von Frauen vor, während und nach dem beruflichen Widereinstieg. Quantitative Repräsentativuntersuchung von Sinus Sociovision. Berlin.
  • BMFSJ (2010): Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit 2010. Berlin.
  • Cornelißen, Waltraud/Rusconi, Alessandra/Becker, Ruth (2011): Berufliche Karrieren von Frauen. Hürdenläufe in Partnerschaft und Arbeitswelt. Wiesbaden.
  • Ehni, Patrick (2009): Väter und Erziehungszeiten. Politische, kulturelle und subjektive Bedingungen für mehr Engagement in der Familie. Sulzbach.
  • FFP (2010): Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei Führungskräften. Ergebnisse einer Befragung unter Führungskräften bei auditierten Arbeitgebern. Berlin.
  • Happe, Guido (2010): Personalbetrachtung und Personalbeschaffung – demgographische Perspektiven. In: ders. (Hrsg): Demographischer Wandel in der unternehmerischen Praxis. Mit Best Practice Berichten. Wiesbaden. S. 203-216.
  • Hochschild, Ariel Russell (2006): Keine Zeit. Wenn die Firma zum Zuhause wird und zu Hause nur Arbeit wartet. Wiesbaden.
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  • Hummelsheim, Dina (2009): Die Erwerbsbeteiligung von Müttern: Institutionelle Steuerung oder kulturelle Prägung? Eine empirische Untersuchung am Beispiel von Belgien, West- und Ostdeutschland. Wiesbaden.
  • Kerschgens, Anke (2009): Die widersprüchliche Modernisierung der elterlichen Arbeitsteilung: Alltagspraxis, Deutungsmuster und Familienkonstellationen in Familien mit Kleinkindern. Wiesbaden.
  • Klenner, Ch./Pfahl, S. (2008): Jenseits von Zeitnot und Karriereverzicht – Wege aus dem Arbeitszeitdilemma. Arbeitszeiten von Müttern, Vätern und Pflegenden. WSI-Diskussionspapier 158. Düsseldorf.
  • Koch, Angelika (2007): Teilzeitbeschäftigung in Führungspositionen für Beschäftigte mit Kindern, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ, Bd. 7). http://www.bpb.de/publikationen/ZQ2RBK.html
  • Notz, Petra (2001): Frauen, Manager, Paare. Wer managet die Familie?: die Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei Führungskräften, München.
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  • SenVerWTF (2009): Gender Datenreport Berlin 2009. Berlin.
  • Shell Deutschland Holding (Hrsg.) (2010): Jugend 2010. Eine pragmatische Generation behauptet sich. Frankfurt a.M.
  • Stuth, St./Henning, M./Allmendinger, J. (2009): Die Bedeutung des Berufs für die Dauer der Erwerbsunterbrechung. Berlin.
  • Theobald, Hildegard (2010): Frauen in leitenden Positionen in der Privatwirtschaft. Eine Untersuchung des schwedischen und deutschen Geschlechtervertrags. Berlin. (Discussion Papers, WZB)
  • Walther, Kathrin/Schäffer-Hegel, Barbara (2007): Karriere mit Kindern?! in: Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ, Bd. 7). http://www.bpb.de/publikationen/YISXFI.html
  • Wippermann, Carsten/Calmbach, Marc/Wippermann, Katja (2009): Männer: Rolle vorwärts, Rolle rückwärts? Identitäten und Verhalten von traditionellen, modernen und postmodernen Männern. Opladen/Farmington Hills.

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