Teilzeit – Ursprung, Trends und Diskussionen

Online-Journal vom 23. Dezember 2011

 

Teilzeit – Ursprung, Trends und Diskussionen

Newsletter vom 23. Dezember 2011

Guten Tag,

Teilzeit ist nicht nur ein Instrument für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sie ist ein wichtiger gesellschaftspolitischer Diskurs. Wie hat sich Teilzeit entwickelt, was sind die aktuellen Trends und welche politischen Sichtweisen gibt es zum Thema Teilzeit? Ist das modernisierte Ernährermodell: Teilzeit für die Frau, Vollzeit für den Mann wirklich ein zukunftsfähiger Trend für eine gelingende Vereinbarkeit von Beruf und Familie?

Anfang Dezember lud das Kompetenzbüro daher zum Mittagsgespräch mit Dr. Christine von Oertzen vom  Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte und Sofie Geisel von Erfolgsfaktor Familie. Die Ergebnisse und Diskussionspunkte sowie zusätzliche Informationen (Zahlen und Fakten) haben wir nun für Sie in diesem Newsletter zusammengestellt.

Ich wünsche Ihnen besinnliche Feiertage und ein erfolgreiches neues Jahr!

Ihre Elisabeth Mantl

Historisches Streiflicht: Die Entwicklung von Teilzeit

Dr. Christine von Oertzen vom Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte untersuchte im Rahmen ihrer – auch als Buch veröffentlichten – Dissertation die Entstehung von Teilzeitarbeit in der Bundesrepublik. Ihre zentralen Erkenntnisse aus dieser Arbeit fasste sie zusammen und stellte sie beim Mittagsgespräch zur Diskussion. So erläuterte sie, wie das Konzept des Alleinverdienermodells die Entwicklung von Struktur und Arbeitsorganisation prägte. Das Modell der Teilzeit, das sich während des Arbeitskräftemangels in der Nachkriegszeit herausbildete, wurde folglich von Anfang an als Abweichung von der Norm konzipiert und sollte jederzeit wieder abwählbar sein … [zum vollständigen Artikel]

Erfahrungen aus der Praxis: Schlüssel zur Veränderung

In dieser Konzeption, so diskutierten Personalverantwortliche, Gleichstellungsbeauftragte sowie Verbandsvertreterinnen beim Mittagsgespräch, liegt ein wesentlicher Schlüssel zum Verständnis der Schwierigkeiten in der Entwicklung eines wirklich attraktiven und umsetzbaren modernen Teilzeitmodells. Denn nach wie vor strukturiere die Idee des Normalarbeitstages und der Vollzeitstelle, die den Familienunterhalt sichert, Arbeitsorganisation und Personalpolitik beim überwiegenden Teil der deutschen Arbeitgeber. Die Teilnehmenden kamen zu der Überzeugung, dass sich die gewünschte vollzeitnahe Teilzeit flächendeckend und ohne Einbußen für die Abwicklung von Arbeitsaufgaben vermutlich erst dann realisieren lassen wird, wenn man sich von der Idee eines achtstündigen Normalarbeitstages und der Vollzeitkonzeption von Stellen verabschiedet und Arbeit bzw. Personal stärker entlang von Aufgaben organisiert.

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Politische Sichtweisen auf das Thema Teilzeit

Sofie Geisel vom Unternehmensprogramm „Erfolgsfaktor Familie“ schilderte als eines der frauen- und arbeitsmarktpolitischen Probleme, dass mit der Teilzeit im herkömmlichen Verständnis meist die eine Halbtagsstelle mit einer maximalen Arbeitszeit von 20 Stunden verbunden wird und gelegentlich auch mangelndes Engagement. Sie konstatierte, dass Frauen immer noch eher bereit seien, sich unter dem Vorzeichen des rechtsverbindlichen Teilzeitanspruchs zu arrangieren, auch wenn sie dadurch Nachteile erfahren. Als besonders problematisch aus politischer Sicht erläuterte Sofie Geisel, dass für Männer diese Form von Teilzeit keine wirkliche Option darstelle. …
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Zahlen und Fakten

Viele Fragen blieben beim Mittagsgespräch aufgrund der Kürze der Zeit notwendigerweise unbeantwortet. Daher stellte das Kompetenzbüro im Nachgang Zahlen und Fakten zur Teilzeit in einem umfassenden Reader zusammen, den Sie hier downloaden können. Wir werten hierin mehrere aktuelle Studien und Berichte aus. Fazit: Das vielfach in den Familien gelebte Modell der geschlechterspezifischen Erwerbsbeteiligung – d.h. der Mann arbeitet in Vollzeit, die Frau Teilzeit mit einem maximalen Stundenumfang von 20 Stunden in der Woche – ist nicht das Modell, das für einen Großteil der Frauen zufriedenstellend ist. Es wird ihren Wünschen nach Einkommensniveau und beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten nicht gerecht, zudem wird ihre Arbeitsleistung nicht ausreichend gewürdigt und akzeptiert. Dort, wo es angeboten und genutzt wird, treten vielfältige organisatorische Probleme auf. (mit Literaturliste)…
Buchtipp: Verschenkte Potenziale?

Falls Sie es noch nicht gelesen haben, möchte ich Ihnen passend zum Thema ein Buch von Prof. Jutta Allmendinger ans Herz legen. Beruf und Familie, das geht in Deutschland offenbar noch immer nicht zusammen. Denn 5,6 Millionen Frauen unter 60 Jahren sind nicht erwerbstätig – das sind 28 Prozent. Damit bleibt ein riesiges Potenzial an Wissen und Erfahrung für den Arbeitsmarkt ungenutzt. … Weiterlesen

Empirische Analyse zur Vereinbarkeit von Ausbildung, Familie und Beruf bei Frauen

Aktuelles aus der Wissenschaft: Gwendolin Josephine Blossfeld ist eine der ersten, die den vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Nürnberg erhobenen Datensatz „Arbeiten und Lernen im Wandel“, kurz ALWA, zur Grundlage einer empirischen Analyse zur Vereinbarkeit von Ausbildung, Familie und Beruf bei Frauen gemacht hat. Die ALWA-Daten enthalten Informationen über mehr als 10.400 Lebensverläufe und erlauben detaillierte Längsschnittanalysen insbesondere zum Schul- und Ausbildungsverhalten, zum Erwerbseinstieg und -verlauf sowie zu Prozessen der Familienbildung und regionalen Mobilität. Blossfeld versteht ihre Publikation als Beitrag zur Arbeitsmarktsoziologie und so umfasst der Hauptteil ihres Buches die Auswertung der vorliegenden Daten mittels ereignisanalytischer Methoden mit dem allgemeinen theoretischen  Bezugsrahmen des Lebenslaufs.… Weiterlesen


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